Zurzeit bin ich in Byron Bay (Australien), sitze in einem Café und schreibe meinen Artikel für meinen Tour-Blog. Diese Stadt, welche als Künstler- und Musiker-Stadt bekannt ist, liegt an der Ostküste Australiens. Man sieht hier und dort Musiker auf der Straße oder Bands in den Bars spielen, allerdings hätte ich mir etwas mehr Leben erwartet. Aber ich finde es trotzdem schön hier und darf mich daher nicht beklagen. Ich bin nun zum dritten Mal in Australien, aber zum ersten Mal reise ich die Gold Coast entlang.
In diesem Bericht möchte ich ebenso persönliche Erfahrungen einfließen lassen, welche ich in diesem Land vor einigen Jahren bei meiner Musiktour 2013/14 erlebt habe.

Zunächst die Fakten
Australien, ein Kontinent, welcher vor etwa 200 – 230 Millionen Jahren begann, sich wieder aus dem „Urkontinent“ Pangäa zu lösen. Der australische Kontinent bewegt sich heute mit einer Geschwindigkeit von 73 mm pro Jahr in Richtung Nordosten. Im Verhältnis zu Millionen von Jahren der Erdzeitgeschichte hat die westliche Bevölkerung Australien erst vor sehr kurzer Zeit entdeckt. Spanische Seefahrer erreichten im 16. und 17. Jahrhundert die Küsten und gingen an Land. Im Jahr 1770 erreichte Kapitän James Cook die Ostküste Australiens und nahm das Land formell als New South Wales für die britische Krone in Besitz. Die britische Regierung suchte nach Möglichkeiten, Kolonien für ihre Sträflinge einzurichten. Am 26. Januar 1788 trafen daher die ersten elf Schiffe der „First Fleet“ mit rund 1000 Frauen und Männern, darunter gut drei Viertel Sträflinge ein. Insgesamt wurden etwa 162.000 Sträflinge nach Australien gebracht. Mit den Strafgefangenen wurden auch Krankheiten eingeschleppt, 1789 starben mehr als 50 % der Darug (Stamm der Aborigines) an einer Pockenepidemie. Durch die Ausbreitung der Siedler auf dem Kontinent kam es zunehmend zu Konflikten mit den Aborigines um den Zugang zu Land und Nahrungsquellen. Nach Schätzungen von Henry Reynolds starben bei gewaltsamen Auseinandersetzungen und Massakern 3.000 Siedler und 20.000 Aborigines.
In Australien gab es eine Debatte über die Bewertung und den Einfluss, den die europäische Besiedlung auf die Aborigines hatte, sie wird unter dem Begriff History Wars geführt. Die ursprünglichen Bewohner des australischen Kontinents, die dunkelhäutigen Aborigines, wurden durch die Einwanderer völlig verdrängt. Sie stellen heute eine Minderheit dar, ihr Bevölkerungsanteil entspricht nur etwa 2,5 Prozent. (Quelle: www.wikipedia.org) Australien hat mit dem Auftreten nahezu aller bekannten Gesteine, auch eine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt und besonders gut angepasste Ureinwohner, welche bei unwirtlichsten Bedingungen überlebensfähig sind. Das Volk der Aborigines weiß bei extrem heißen Temperaturen und einer kargen Vegetation zu bestehen. Der heiligste Ort der Aborigines ist der Uluru / Kolonialname Ayers Rock. (Quelle: www.skr.de) Die eigentliche Fahne Australiens ist die Fahne der Aborigines, in dieser sind drei besondere Symbole in der Flagge zusammengefügt: der Sternenhimmel (schwarz), die Sonne (gelb) und die rote Erde, vielleicht der Uluru oder das Blut (rot). (Quelle: www.steinaura.at) Die Symbole der Fahne der Aborigines zeigen, dass diese Ureinwohner eine besondere spirituelle Verbindung zur Natur und zum Kosmos haben.

Mein erster ungewöhnlicher Kontakt mit den Ureinwohnern
Was mir bei diesem Aufenthalt in Australien besonders aufgefallen ist, dass ich bis dato keine Aborigines gesehen habe. Zum Beispiel war ich vor einigen Jahren in Darwin (Northern Territory), wo ich ebenso auf den Straßen gespielt habe und damals bin ich sofort einigen Aborigines begegnet. Mein Kontakt mit den Ureinwohnern Australiens war damals für mich sehr aufregend, da ich nicht wusste, dass diese Ureinwohner teilweise noch so einfach und unangepasst an die westliche Zivilisation leben. Besonders spannend war für mich, dass sich die Aborigines damals total von der Musik angezogen fühlten. Sie standen eigentlich immer um mich herum und haben teilweise mitgesungen.
Was mich allerdings dabei erschreckte war, dass viele komplett betrunken und sich wie verrückt benommen haben. Das war nicht so, als würden westliche Leute betrunken sein. Das Verhalten der rauschigen Aborigines war fast schon besorgniserregend. Ich möchte hier keinen schlechten Scherz machen, allerdings das animalische Verhalten der betrunkenen Ureinwohner im Kontext zum Stadtnamen Darwin, brachte mich etwas zum Nachdenken.
Soziale Missstände
Noch schockierender für mich war ein Erlebnis an jenem Abend, das mir bis heute im Kopf geblieben ist. Wie gesagt, ich habe mit der Gitarre auf der Straße gespielt und rund um mich einige angeheiterte Aborigines. Dann kam die Polizei mit einem sehr seltsamen Gefährt. Ein Fahrzeug mit einer großen Ladefläche, wo ein Stahlkäfig angebracht war. Die Polizei hat vor meinen Augen die Aborigines wie Tiere in den Käfig eingesperrt und ist mit ihnen weggefahren. Ich war völlig perplex. Es war sehr seltsam und ich dachte mir, dass das nicht wahr sein kann. Ich habe später mit jemanden über diesen Vorfall gesprochen und es wurde mir gesagt, dass das normal sei. Man transportiert die Aborigines regelmäßig aus der Stadt Darwin und liefert sie in der Wüste ab. Keine Ahnung, ob das genau so stimmt, allerdings kam mir diese Erklärung glaubwürdig vor. Anscheinend kamen (bzw. kommen) regelmäßig die Aborigines nach einigen Tagen wieder zurück in die Stadt, betrinken sich wieder und das Spiel beginnt von Vorne.

Ich habe damals eine Geschichte eines Australiers gehört, mit dem ich über die sozialen Missstände der Aborigines geredet habe. Er hat gemeint, dass vor einiger Zeit alle Aborigines ein Haus zum Wohnen und monatlich Geld bekommen hätten. Laut seiner Erzählungen hätten die Aborigines ihre Häuser angezündet und das Geld haben sie hauptsächlich für Alkohol und Zigaretten ausgegeben. Die soziale Problematik ist nicht einfach zu erfassen und meiner Meinung nur sehr schwierig zu lösen. Ich persönlich habe Parallelen zu den nordamerikanischen Indianern festgestellt, diese sind heute ebenso zur Minderheit geworden und gingen am Alkohol bzw. an der westlichen Kultur und Krankheiten zugrunde. Damit möchte ich das sozialdemographische Dilemma abschließen, allerdings ist es mir ein Anliegen meine damaligen Erfahrungen hier kurz festgehalten zu haben.
Surfers Paradise
Zur Musik: Gut, ich spiele jeden Tag auf öffentlichen Plätzen. Somit nichts Neues. Die Leute fragen alle fünf Minuten, ob ich einen gewissen Song spielen kann. Ebenso nichts Neues. Dann spiele ich den Song und die Leute sind happy. Neben Brisbane, Byron Bay und Southport hat mir ehrlich gesagt die Stadt Surfers Paradise am besten gefallen. Das gesamte Flair und die coolen Leute, die alle mit ihren Surfboards durch die Stadt laufen und hauptsächlich am Strand sind, begeisterten mich sehr. Was mir besonders positiv bis dato aufgefallen ist, ist das Verhalten der Polizei. Bis jetzt wurde ich weder nach einer Lizenz gefragt oder unangemessen angesprochen, obwohl ich oft erst frühmorgens (wenn die Bars zusperren) spiele. Das habe ich an anderen Orten schon ganz anders erlebt. Aber ich hatte ebenso in Hongkong keine Probleme.
Auf der Straße lernt man immer besondere Leute kennen. In solchen Urlaubsorten wie Surfers Paradise gibt es natürlich sehr reiche Leute und gleichzeitig trifft man sehr arme Menschen auf der Straße. Letztens habe ich ein Mädchen kennengelernt, sie war erst um die zwanzig, lebte auf der Straße und hatte kein Zuhause. Sie hat mir erzählt, dass sie in einem Jugendheim aufgewachsen sei und immer alleine war. Ihre Eltern waren anscheinend im Drogengeschäft tätig, als sie zu Welt kam. Sie hat mir erzählt, dass ihr Vater tot sei und ihre Mutter wahrscheinlich im Gefängnis ist. Sie hat einige Lieder gesungen und ich war von ihrer Stimme und von ihrem emotionalen Ausdruck berührt. Sie hat mich sehr beeindruckt, da sie sehr positiv in die Zukunft blickte. Sie hat von ihrer Vergangenheit erzählt, was sie so gesehen und erlebt hat, aber ich möchte diese persönlichen Erlebnisse hier nicht näher beschreiben. Ich denke, wenn man solch schlimme Dinge in der Kindheit ertragen musste, dann kann bzw. dann muss es nur mehr aufwärtsgehen. Ich glaube an eine gewisse Gerechtigkeit im Leben und ich bin mir sehr sicher, dass dieses Mädchen eine bessere Zukunft haben wird. Ihre Einstellung und ihr Wille für ein besseres Leben war stark zu spüren. Es wird allerdings kein leichter Weg für sie werden, aber sie hat es vorher auch nicht gerade einfach gehabt. Dennoch denke ich, dass sie in ihrem kurzen Leben bereits schon viel gelernt hat und sie vielleicht lebensfähiger ist, als manch andere junge Menschen. Ihre Zeit wird kommen und ich wünsche ihr daher nur das Beste für ihre Zukunft.
Von Ungerechtigkeit zu Schicksalen, aber das ist diese Welt in der wir leben. Dennoch heißt es einen positiven Blick für unser Dasein zu behalten!
Bei mir geht’s nun mit dem Greyhound Bus nach Sydney weiter… „have to rock the show“…
